Walther Ebeloe 1939
Informationen
Datum: | 1939 |
Herkunft: | Hamburg |
Seriennummer: | A232 |
Im 20. Jahrhundert erlebte das Cembalo eine Renaissance. Vornehmlich in den 1920er Jahren begannen einige Musiker und Musikwissenschaftler das Cembalo wiederzuentdecken – galt es doch zuvor im späten 19. Jahrhundert lange als veraltet und unmodern. Man erkannte, dass das Cembalo ein einzigartiges Klangspektrum hat, das sich von dem des Klaviers unterscheidet.
Ein wichtiger Pionier in dieser Bewegung war die Cembalistin Wanda Landowska (1879 – 1959), die in den 1920er Jahren begann, auf dem Cembalo zu spielen und es auf Konzertbühnen wieder populär zu machen.
Da es damals nur eine begrenzte Anzahl spielbarer historischer Instrumente gab, wuchs die Nachfrage nach neuen Instrumenten und viele Instrumentenbauer beschäftigten sich mit dem wiederentdeckten Cembalo.
Der ersten Instrumentenbauer in Hamburg war Walther Ebeloe. Er fertigte die ersten Cembali im 20. Jahrhundert in Hamburg. Da das Cembalo zum damaligen Zeitpunkt kaum ein großer Forschungsgegenstand war, gab es nur wenig Literatur und viele Instrumentenbauer bedienten sich des modernen Klavierbaus und konstruierten so neue Instrumente, die eine Art Hybrid darstellen: die Klangerzeugung des Cembalos mit Springern und Kielen in Kombination mit den Erfahrungen und Neuerungen des modernen Klavierbaus, sowie mit modernen Materialien. Teils auch motiviert, ein zuverlässiges und vielleicht auch „verbessertes“ Instrument zu bauen entstanden Instrumente, die klanglich mit einem historischen Instrument wenig gemeinsam haben, jedoch musikgeschichtlich einen wichtigen Platz in der Wegbereitung zur heutigen historischen Aufführungspraxis einnehmen.
Das hier beschriebene Cembalo wurde am 22. Dezember 1939 von Walther Ebeloe in Hamburg fertiggestellt. Es ist perfekt erhalten und befindet sich in einem spielbaren Zustand.
Der Korpus ist aus Nussbaum mit einer Schelllackpolitur und hat eine geschwungene Flügelform mit einem nach unten offenen Korpusboden und steht auf 3 Beinen. Von der äußeren Erscheinungsform wirkt das Instrument wie ein moderner, kleiner Flügel. Es verfügt über 2 Manuale mit 3 Register (8‘, 8‘, 4‘), Lautenzug und Manualkoppel. Die Register lassen sich mittels Handregisterzügen links und rechts betätigen. Unter dem Instrument befindet sich ein Kniehebel, der die Manualkoppel betätigt. Die Kiele waren ursprünglich aus Leder und wurde auf Delrin umgestellt. Der Umfang beträgt 5 Oktaven (FF – f3). Die Untertasten sind mit Kunststoffbelägen garniert und die Obertasten aus Elfenbein.
Auf dem Vorsatzbrett befindet sich mittig in Intarsien gearbeitet die Signatur:
„W. Ebeloe
Hamburg“
Die Seriennummer lautet A232 und ist auf der ersten Taste des oberen Manuals eingestanzt. Ebenfalls findet sich dort auch das Fertigungsdatum mit „22 DEZ. 1939“.
Das gesamte Instrument zeigt in vielen Details eine Konstruktion und einen Aufbau, der vom modernen Klavierbau stammt (Berippung des Resonanzbodens, Klaviaturaufbau, Anordnung des Steges, Gehäuseverarbeitung…). Da Ebeloe wahrscheinlich nur wenige Konstruktionszeichnungen historischer Cembali zur Verfügung standen, entwickelte er eine eigenständige Mechanik, in der er Teile einer modernen Klaviermechanik für die Bedürfnisse der Klangerzeugung des Cembalos angepasst hat. Entstanden ist ein Hybrid-Instrument mit einem außergewöhnlichen Klang, der sich deutlich von den Instrumenten anderer Instrumentenbauer der Zeit abhebt und eher an die Instrumente der französischen Firma Pleyel angelehnt ist.
Der Klang des Instrumentes ist sehr stark, jedoch im Bass aufgrund der Länge des Korpus etwas zurückhaltend.
Walther Ebeloe wurde 1896 geboren und eröffnete 1923 seine Werkstatt in Hamburg, wo er als erster modernen Klavier- und Cembalobauer tätig war. Im zweiten Weltkrieg wurde seine Werkstatt durch die Bombenangriffe vollständig zerstört und ein Neuanfang gelang in den späten 1940er Jahren nur sehr schwer. Durch Materialknappheit konnte er seine Werkstatt nur sehr zögerlich wiederaufbauen und sich als Instrumentenbauer behaupten. Er arbeitete vornehmlich als Klavierstimmer. In den 1950er Jahren ging Ebeloe eine berufliche Partnerschaft mit Wolfgang Wegener (1918 – 1984) in Braunschweig ein. Beide waren durch anthroposophische Ideen beeinflusst und ließen diese auch in ihre Arbeit einfließen. Ebeloe verkaufte sein letztes gebautes Cembalo dem Komponisten, Pianisten und Cembalisten Yngve Jan Trede (1933 – 2010) für 12.000 DM.
Walther Ebeloe starb 1982.
Quellen:
- Hilda Jonas: Harpsichord Festival Scheduled. In: The Harpsichord. Vol. III, No 4, 1970.
- Glendon Frank: Remembering Hilda Jonas. In: The Diapason – Harpsichord News. Dezember 2014.
- Wolfgang Zuckermann: The modern harpsichord, twentieth century instruments and their makers. October House, New York 1969.
- Charles Mould (Hrsg.): Amendments and additions to clavichord-related information in the Third Edition of Donald Boalch’s Makers of the Harpsichord and Clavichord 1440–1840. 1995.
- Hanns Neupert: Das Klavichord. Bärenreiter Verlag, Kassel 1977.
- Olaf Kirsch: De 1900 à 2000 – Un siècle de musique ancienne à Hambourg.
- Kunsthandwerker. In: Hamburger Abendblatt vom 19. Januar 1966.
© Eric Feller – Early Keyboard Collection – Februar 2023
Länge: | 152 cm |
Breite: | 99,5 cm |
Höhe: | 30,5 cm |
Umfang: | 5 Oktaven (FF – f3) |
Mechanik: | Springermechanik mit Holzspringer und Delrinbekielung |
Pedale: | 4 Handregisterzüge (8’, 8‘, 4’), Lautenzug, Manualkoppel (Kniehebel) |
Signatur: |
"W. Ebeloe Hamburg" „22. DEZ. 1939“ |