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Robert Wales ca. 1810 aus dem Besitz von Carolina Oliphant – Lady Nairne

Informationen

Datum: 1810

Herkunft: London

Seriennummer: 2300

Carolina Oliphant, Baroness Nairne, Portrait by John Watson Gordon, c. 1818.

Carolina Oliphant, Baroness Nairne, Portrait von John Watson Gordon, c. 1818 – National Galleries of Scotland

 

London war eines der Zentren im Klavierbau im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. Dementsprechend siedelten sich viele Klavierbauer dort an und produzierten eine große Menge an den neu in Mode gekommenen Tasteninstrumenten. Die Nachfrage war enorm, da das gehobene Bürgertum und der Adel ein sehr großes Interesse an diesen Instrumenten zeigten. Neben den bekannten Klavierbauern wie beispielsweise John Broadwood (1732 – 1812) oder Muzio Clementi (1752 – 1832) gab es auch eine Vielzahl an Instrumentenbauern, die heute weniger bekannt sind, aber deren Instrumente denen der bekannteren Hersteller in nichts nachstehen. Zu diesen gehörte auch Robert Wales. Zudem hat dieses hier vorgestellte Instrument eine spannende Historie, denn es stammt aus dem Besitz von Carolina Oliphant – Lady Nairne (1766 – 1845), die in der Musikgeschichte als Sammlerin und Komponistin von vielen schottischen Liedern und Balladen bekannt ist.

Der Korpus des Tafelklaviers ist aus Mahagoni mit umlaufenden mehrfarbigen Bandintarsien aus verschiednen Hölzern. Das Instrument steht auf sechs gedrechselten Beinen mit Messingrollen und Bronzeapplikationen. Die Untertasten sind mit Elfenbein und die Obertasten mit Ebenholz belegt.

Weiterhin verfügt das Tafelklavier über ein hölzernes Pedal zur Dämpfungsaufhebung. Bei der Mechanik handelt es sich um eine Double Action mit belederten Hämmerchen und Einzeldämpfern und es ist zweichörig besaitet. Das Vorsatzbrett ist bemalt und trägt in einer rechteckigen Kartusche die Signatur:

„Royal Patent

Robt. Wales

Maker

London”

Robert Wales, London ca. 1810 owned by Carolina Oliphant - Nameboard - Eric Feller Collection

Robert Wales, London ca. 1810 owned by Carolina Oliphant – Vorsatzbrett – Eric Feller Collection

 

Auf dem Stimmstock befindet sich die handschriftliche Seriennummer: 2300. Darunter befindet sich gestempelt: R – Wales Maker. Weiterhin findet sich auf dem Resonanzboden eine handschriftliche Signatur mit Tinte:

„Sold by Rob. Purdie

70 Princes Street

Edinburgh“

Robert Purdie (oder auch Purday geschrieben) entstammte einer im Bereich des Musikverlagwesens aktiven Familie, die in London und Edinburgh sehr stark vertreten war. Das schottische Musikaliengeschäft hatte sich durch Musikinstrumente und Noten eine hohe Reputation erarbeitet.

Robert Wales, London ca. 1810 owned by Carolina Oliphant - Signature - Eric Feller Collection

Robert Wales, London ca. 1810 owned by Carolina Oliphant – Signatur – Eric Feller Collection

 

Weiterhin befindet sich auf der Rückseite des Vorsatzbrettes eine handschriftliche Signatur mit Bleistift:

„Carolina Oliphant‘s Piano“

Carolina Oliphant – Lady Nairne, Baroness Nairne in der Peerage von Schottland und Baroness Keith des Vereinigten Königreichs war eine schottische Sammlerin und Komponistin von Liedern und Balladen. Viele ihrer Lieder sind bis heute in England und Schottland sehr beliebt. Carolina Nairne war wie ihr Zeitgenosse Robert Burns (1759 – 1796) durch das jakobinische Erbe stark beeinflusst, wenngleich beide unterschiedliche Ansätze zu ihren Kompositionen und Gedichten hatten. Nairne konzentrierte sich auf eine frühere romantisierte Version der schottischen Lebensweise, die von Traurigkeit über das Vergangene gefärbt ist. Robert Burns hingegen verfolgte eher einen Optimismus in Bezug auf eine bessere Zukunft.

The auld hoose of Gask, Perthshire - Birthplace of Carolina Oliphant

The auld hoose of Gask, Perthshire – Geburtshaus von Carolina Oliphant

 

Carolina Oliphant wurde am 16. August 1766 in Auld Hoose, Gask, Perthshire (das Stammhaus der Familie ihres Vaters) geboren. Sie war das vierte Kind der drei Söhne und vier Töchter von Laurence Oliphant (1724 – 1792), Laird of Gask, und seiner Frau Margaret Robertson (1739 – 1774). Ihre Mutter war die älteste Tochter von Duncan Robertson of Struan, dem Oberhaupt des Donnachie – Clans, der in den Aufständen von 1715 und 1745 auf der Seite der Jakobiner kämpfte. Ihr Vater war ebenfalls ein überzeugter Jakobiner und sie erhielt eine dementsprechende und fundierte Ausbildung, die auch Musik und Kunst beinhaltete. Carolina entwickelte sich zu einer bezaubernden jungen Dame, die in den angesehenen Kreisen viel Lob und Zuspruch erhielt.

Taufeintrag für Carolina Oliphant Old Parish Register (OPR) für Findo Gask. National Records of Scotland

Taufeintrag für Carolina Oliphant Old Parish Register (OPR) – National Records of Scotland

 

Als junges Mädchen wurde Carolina mit William Murray Nairne verlobt, einem weiteren Enkel von Lord Nairne, der 1824 der 5. Lord Nairne wurde. Nachdem er zum stellvertretenden Generalinspektor einer schottischen Kaserne befördert worden war, heirateten die beiden am 2. Juni 1806. Das Paar ließ sich in Edinburgh nieder, wo zwei Jahre später ihr einziger Sohn namens William Murray Nairne (1808–1837) geboren wurde.

Birth entry of William Nairne. - National Records of Scotland

Geburtseintragung von William Nairne. – National Records of Scotland

 

1830 starb Carolinas Ehemann und sie lebte für einige Zeit mit ihrem Sohn in Irland und auf dem Kontinent. Der schlechte Gesundheitszustand ihres Sohnes, der sie seit der Geburt begleitete, verschlimmerte sich und er starb im Dezember 1837 in Brüssel. Darauf kehrte Carolina 1843 nach Gask zurück. Nach einem Schlaganfall verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand und sie starb am 26. Oktober 1845.

Carolina Oliphant, Lady Nairne with her son William Murray Nairne, later 6th Lord Nairne by Sir John Watson Gordon - National Galleries of Scotland

Carolina Oliphant, Lady Nairne mit ihrem Sohn William Murray Nairne, dem späteren 6. Lord Nairne – Sir John Watson Gordon – National Galleries of Scotland

 

Carolina Nairne begann kurz nach dem Tod ihres Vaters im Jahr 1792, Lieder zu komponieren. Durch ihre fundierte Erziehung konnte sie Noten lesen, spielte Cembalo und das Pianoforte. Schon früh beschäftigte sie sich mit Volksliedern und versah bekannte Melodien mit eigenen Texten. Nach dem Umzug des Paares 1806 nach Edinburgh knüpften sich erste Kontakte zu dem Musikaliengeschäft von Robert Purdie, wo Carolina mit großer Wahrscheinlichkeit auch das Tafelklavier von Robert Wales erwarb. Durch die gesellschaftlichen Konventionen der damaligen Zeit, die es einer Frau in einer männlich dominierten Gesellschaft schwer machten, unternahm Carolina erhebliche Anstrengungen, um ihre Identität zu verbergen. Selbst vor ihrem Ehemann verheimlichte sie ihre Aktivitäten. In den 1820er Jahren schrieb sie an eine Freundin: „Ich habe es nicht einmal Nairne gesagt, damit er nicht plappert.

Um ihre Kompositionen einem großen Kreis verfügbar zu machen begann sie unter dem Pseudonym „Mrs. Bogan of Bogan“ oder später dann nur unter den geschlechtsneutralen Initialen „B. B.“ oder „S. M.“ ihre Werke zu veröffentlichen. Ein Großteil ihrer Arbeit wurde in Robert Purdies „The Scottish Minstrel“ (1821 – 24; in sechs Bänden) veröffentlicht. Einmal erschien sie auf Drängen ihres Verlegers Purdie als ältere Dame vom Land verkleidet. Es gelang ihr, Purdie davon zu überzeugen, dass sie nur eine Sammlerin für die Lieder war, die sie von einfachen Landleuten gesammelt hatte. Jedoch das gesamte Redaktionskomitee des „The Scottish Minstrel“ (welches nur aus Frauen bestand) war sich ihrer Identität bewusst, ebenso wie ihre Schwester, Nichten und Großnichte. Aus Briefen geht hervor, dass sie bei ihren offiziellen Besuchen im Verlag immer einen alten, verschleierten Umhang trug, in der Hoffnung, nicht erkannt zu werden. Ebenso verschleierte sie ihre Handschrift bei ihren eingereichten Werken.

Noten für „To the Land of the Leal“, komponiert 1797 - 1798

„To the Land of the Leal“, komponiert 1797 – 1798

 

Das musikalische und literarische Schaffen von Lady Carolina Nairne ist bis heute immanent. Ihre Lieder gehören zum schottischen und englischen Volksgut und sie sind für viele Menschen identitätsbildend.

 

Über den Instrumentenbauer Robert Wales ist bisher leider nur sehr wenig bekannt. Gesichert ist, dass er in der Charles Street No. 33, Hampstead Road in Edinburgh ansässig war. 1819 war er Partner von John Whitaker und hatte die Adresse Paul`s Churchyard No. 75, was bisher durch ein einziges erhaltenes Instrument belegt ist. Weiterhin ist bekannt, dass er Klaviere für William Hodsoll baute. Anhand der Seriennummer (No. 2300) auf dem hier vorliegenden Instrument lässt sich schließen, dass er sehr aktiv war und viele Instrumente baute. Mit großer Wahrscheinlichkeit jedoch wurden diese Instrumente nicht nur unter seinem Namen verkauft, sondern er belieferte damit andere Händler.

 

 

Weitere erhaltene Instrumente von Robert Wales:

  • 1819 Tafelklavier Wales, Robert, & John Whitaker (No. ?) – Western Australian Academy of Performing Arts, Edith Cowan University, Perth Australien
  • ca. 1820 Tafelklavier (No. ?) – Sammlung Patricia Theodorou, England
  • 1819 – 1823 Tafelklavier von Robert Wales für John Monro (No. ?) – Sammlung Peter Owen, Blagdon England
  • ca. 1830 Cabinet Piano von R. Wales für William Hodsoll (No. ?) – Sammlung Universität Leipzig, Musikinstrumenten-Museum, Leipzig Deutschland – zerstört im 2. Weltkrieg

 

 

Literatur:

  • Bold, Valentina (2006), Ewan, Elizabeth; Innes, Sue; Reynolds, Siân (eds.), “The Biographical Dictionary of Scottish Women: From the Earliest Times to 2004”, Edinburgh University Press, ISBN 978-0-7486-1713-5
  • Fry, Michael (2014), “A Higher World: Scotland 1707–1815”, Birlinn, ISBN 978-0-85790-832-2
  • McGuirk, Carol (2006), “Jacobite History to National Song: Robert Burns and Carolina Oliphant (Baroness Nairn)”, The Eighteenth Century, University of Pennsylvania Press
  • Rogers, Charles (1869), “Life and Songs of the Baroness Nairne; with a memoir and poems of Caroline Oliphant the younger”, Charles Griffin
  • Thomson, Thomas (1875), „Nairn, Carolina“, Biographical Dictionary of Eminent Scotsmen, vol. 2, Blackie & Sons
  • Tytler, Sarah; Watson, J. L. (1871), “The Songstresses of Scotland”, vol. 2, Strahan

 

 

Länge: 164 cm

Breite: 62 cm

Höhe: 23 cm

Umfang: 5 ½ Oktaven (FF – c4)

Mechanik: Double Action, Einzeldämpfer

Pedale: 1 Pedal - Dämpfungsaufhebung

Signatur: „Royal Patent
Robt. Wales
Maker
London”